December 15, 2014

Mitten ins Schwarze



Liebe LeserInnen, ich möchte mich zunächst kurz vorstellen. Ich heiße Serena Vecchietti und komme aus Trient eine Stadt im Norden Italiens. Dort habe ich Soziologie und Internationale Beziehungen studiert und mein Studium im März 2013 mit dem Masterabschluss beendet. Danach habe ich für 1,5 Jahre in einem Ausbildungszentrum für Internationale Zusammenarbeit und im Studierendensekretariat der Universität Trient gearbeitet. Jetzt mache ich ein Praktikum beim „Netzwerk Friedenskooperative“ in Bonn im Rahmen des MoVE Programms (Mobilitŕ verso l´Europa = Mobilität nach Europa). Als ich das erste Mal von diesem Programm gehört habe, wusste ich sofort, dass dies genau das Richtige für mich ist.

MoVE ist ein EU-Mobilitätsprojekt, das von der Provinz Trient – Servizio Europa – Ufficio Fondo Sociale Europeo – organisiert und mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert wird. Ziel des Projektes ist es, die italienischen Teilnehmenden in die Lage zu versetzen, neue Perspektiven für ihre berufliche Zukunft in der Europäischen Union zu entwickeln ihre Mobilität innerhalb der EU zu unterstützen, sowie erlernte Fähigkeiten, Fach- und Sprachkenntnisse zu festigen. Dadurch, dass man einen Blick über den „Tellerrand“ hinaus wirft und andere Länder, Kulturen und Arbeitswelten kennenlernt, wird man vom gegenseitigen Austausch bereichert und kann diese Erfahrungen in die heimische Arbeitswelt integrieren. Die Autonome Provinz von Trient bietet jedes Jahr 300 jungen Leuten die Möglichkeit, einen Sprachkurs oder ein Praktikum in Ländern der Europäischen Union zu machen. Die Teilnehmer des Projektes werden durch strenge Kriterien bei einer Sprachprüfung und einem Kolloquium ausgewählt. Die Plätze im Programm sind sehr begehrt: ein Praktikum in Ausland, und vor allem in Deutschland, wird von Unternehmern in Italien sehr hoch gewertet.

Der Projektpartner ist die Akademie für Internationale Bildung (AIB) in Bonn. In diesem Jahr erstreckt sich das Programm über 16 Wochen, vom August bis Dezember 2014. Insgesamt haben zehn junge ItalienerInnen daran teilgenommen. Nach 2 Wochen intensiven Sprachunterrichts in multinationalen Klassen in einer Bonner Sprachschule, absolvieren die Teilnehmerinnen ein 13-wöchiges Praktikum. Exkursionen und auch die Besichtigung von kulturell bedeutenden Schauplätzen in der Umgebung, eröffnen den Teilnehmenden die Möglichkeit, Land und Leute aus einer anderen Perspektive kennenzulernen. Die TeilnehmerInnen sind in deutschen Gastfamilien in Bonn und Umgebung untergebracht. Während der ganzen Zeit werden regelmäßige Praktikumstreffen durchgeführt, in denen Erfahrungen, Erfolge, aber auch Probleme angesprochen werden. Am Anfang definieren alle TeilnehmerInnen ihre Ziele für das Praktikum. Durch wöchentliche „Praktikumstagebucheinträge“ erhalten die Praktikanten die Möglichkeit, ihre Ziele zu überprüfen und zu schauen, was sie schon erreicht haben und was vielleicht noch bis zum Ende verändert werden muss, um die Ziele zu erreichen. Am Ende des Praktikums findet in einem gemeinsamen Gespräch eine Abschlussreflektion statt. Während der ganzen Zeit werden die Praktikanten durch Susanne Jansen, die Praktikumskoordinatorin der AIB, betreut. Nach erfolgreicher Teilnahme an dem Programm erhalten die Teilnehmer den „Europäischen Mobilitätspass“ und zusätzlich die Möglichkeit die offizielle Deutsch-Prüfung (Niveau C1) am Goethe Institut in Trient abzulegen.

Die 10 ItalienerInnen sind jetzt seit 14 Wochen in Bonn. Sie haben ein Stückchen des Sommers erlebt, sie sind durch einen warmen und bunten Herbst gelaufen und jetzt können sie die weihnachtliche Atmosphäre der Stadt genießen. In ihren Praktikum haben sie viel erlebt und gelernt. Nicole und Samuele, die in Italien ihr Abitur im Juli 2014 gemacht haben, arbeiten in einem Hotel. Federica und Federico, die ihren Masterabschluss in Architektur gemacht haben, arbeiten in Architekturbüros. Marco, der sein Studium mit dem Masterabschluss als Ingenieur beendet hat, in einem Ingenieurbüro. Francesca und Stefano haben einen Master in Internationale Beziehungen gemacht und arbeiten bei DVV International und der Ijgd. Alessandra, die noch studiert um Dolmetscherin zu werden, arbeitet bei einem Filmprojekt und Francesca, die eine neusprachliche Schule besucht hat, im Informationsbüro der Stadt Bonn.
Wie schon erwähnt, arbeite ich beim Netzwerk Friedenskooperative: eine große, unbekannte und interessante Welt, in einem kleinen, vollen und bunten Büro. Am Anfang meiner Zeit hier war alles noch sehr neu und unverständlich für mich. Mit der Zeit und der Hilfe meiner geduldigen Kollegen, Kristian, Philipp und Marvin, hat sich aber Vieles geklärt. In den letzten zweieinhalb Monaten habe ich viel von der Friedensbewegung in Deutschland erfahren und jeden Tag einen Stückchen mehr von der enormen Arbeitsleistung des Netzwerks Friedenskooperative verstanden. Ich hatte die Möglichkeit an Mitgliederversammlungen der Kooperation für den Frieden und der Kampagne „atomwaffenfrei.jetzt“ teilzunehmen. Ich konnte außerdem an dem interessanten Konversionsprojekt der zivilen Nutzung der Ermekeilkaserne mitarbeiten. Durch diese Erfahrung habe ich viel über Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit gelernt. Mit viel Unterstützung habe ich kleine, informative Filme mit Interviews gedreht sowie Logos und Plakate für Kampagnen grafisch bearbeitet.

Durch meinen Aufenthalt in Deutschland habe ich viel gelernt. Ich habe neue Fähigkeiten erworben, die ich bei meiner zukünftigen Arbeit in Italien nutzen kann, und gleichzeitig habe ich mein Deutsch verbessert. Was meine Erfahrungen jedoch am stärksten geprägt haben, sind die Menschen, die zu diesem Erleben beigetragen haben: die Gesichter meiner Zeit in Bonn 2014.

Quelle: rhein:raum - Das Bonner Internetmagazin:
http://rheinraum-online.de/2014/12/08/mitten-ins-schwarze-2/